Vegan wie Du und ich: Sarah #4
Auch Sarah durfte ich zu ihrem veganen Leben befragen:
Seit wann lebst Du vegan und was war der Auslöser dafür ? Gab es einen Schlüsselmoment oder war es eine Vielzahl von Gründen, die Dich zu diesem Entschluss bewegt haben?
Leider erst seit Sommer 2012. Ich war schon als Kind früh ganz intuitiv Vegetarierin, weil mir einfach die Tiere so leidtaten. Und obwohl ich schon so früh „pro Tier“ und durch meine Mutter auch für den Umweltschutz sensibilisiert war, wusste ich ewig nicht, dass auch in Eiern, Milch und Co. so viel Leid steckt! Da sieht man mal, wie gut die Mechanismen der Industrie funktionieren … Meine Schwester war mit 15 schon mal vegan, das war mir damals aber „zu krass“ – weil ich einfach nicht genug darüber wusste. Ich hatte die gleichen Vorurteile, die mir heute oft entgegenschlagen und dachte „die können ja nur Tofu mit Tomatensoße essen“.
Den „Kick Off“ gab es dann, als eine gute Freundin vegan wurde. Meine Schwester klärte mich dann darüber auf, was mit den Kälbchen für die Milchproduktion passiert. Ich war geschockt, dass ich das so lange nicht wusste. Und als ich dann mal zum wunderbaren MundΙArtΙBerlin Dinner mitgegangen bin haben mich das super leckere Essen und vor allem die vielen tollen „Veggies“ sofort und ganz ohne Zwang überzeugt. Dann ging es ganz fix, quasi von heute auf morgen.
Hast du durch die Umstellung eine Veränderung in Dir bemerkt? Auf welchen Ebenen hat sich diese abgespielt?
Oh ja, sehr viele. Ich lebe und konsumiere jetzt viel bewusster, das Einkaufen macht viel mehr Spaß, weil man immer wieder neue Sachen entdeckt. Vor allem das neue, bessere Lebensgefühl (mit einem, soweit es geht, reinen Gewissen) ist wirklich unbezahlbar.
Über den Kontakt mit so vielen Veganern habe ich vor allem auch über Facebook viel mehr über die ganze Tierqual gelernt, was echt hart für mich war. Schrecklich, wie die Menschheit mit Tieren umgeht, ich habe ständig geheult, wenn ich mal wieder eine neue Schrecklichkeit gesehen habe. Ich bin seitdem noch viel sensibler für Tierschutzthemen und beobachte z.B. die Politik in dieser Hinsicht aufmerksamer, was ich vorher kaum gemacht habe.
Außerdem esse ich natürlich nun viel bewusster und war anfangs geschockt, wo einem überall tierische Produkte untergejubelt werden. z.B. bei Chips hätte ich es vorher nicht erwartet, bzw. habe nie geschaut, was überhaupt drin ist. Ich habe das Thema Essen nochmal ganz neu für mich entdeckt – früher gab’s öfter mal (vegetarische) Fertiggerichte, das geht ja jetzt meist gar nicht mehr. Gut so! 🙂
Beauty: Ich meine, dass die Haut von der veganen Ernährung schöner wird, man fühlt sich auch insgesamt leichter und besser.
Thema Job, Mode und Shopping: Leder-Schuhe und Taschen habe ich sowieso noch nie gekauft, da war die Umstellung noch leichter, bzw. war keine nötig. Und über Designer, die Pelz verwenden, berichte ich jetzt noch weniger gern, was einen Unterschied im Job macht. Auch könnte ich mir oft die Haare über Moderedakteurs-Kollegen und Blogger raufen, die so unreflektiert über pro Pelz-Designer berichten.
Wie hat Dein Umfeld auf Deine Umstellung reagiert?
Ich hatte das Glück, dass meine Schwester zeitgleich (wieder) vegan wurde, ebenso eine meiner besten Freundinnen. Von daher hatte ich tollen Support, und es fiel mir sowieso nicht schwer. Und meine Eltern lassen mich sowieso machen, was ich will, da gab es keine Probleme! 🙂
Natürlich hatte auch ich dann die typischen mal mehr, mal weniger netten Gespräche mit Fleischessern im Bekanntenkreis, die aggressiv wurden, sich „missioniert“ fühlten oder einfach extrem ignorant waren. Ich muss schon zugeben, dass ich einige Bekannte dadurch nun weniger mag. Vor allem, wenn dann extra noch dumme Fleischwitze in meiner Gegenwart gerissen werden. Ich weiß ja, warum ich vegan bin und kenne die schrecklichen Tierbilder – da fällt es mir schon schwer, sowas zu überhören. Vielen Leuten sind leider auch gute, sachliche Argumente egal. Insofern haben einige Bekanntschaften schon darunter gelitten – man bewertet die Leute dann schon nochmal neu. Sie einen natürlich auch.
Leute, mit denen man zufällig zum Thema „vegan leben“ ins Gespräch kommt wie Taxifahrer oder Nachbarn sind meist recht interessiert und fragen viel nach. Das freut mich immer. Und am meisten freue ich mich aber über die vielen tollen neuen Veggie-Bekanntschaften!
Hast du Tipps für alle Neulinge, die auch vegan leben wollen?
Tauscht euch vor allem mit anderen Veganern aus, geht zu Events wie dem veganen Stammtisch oder MundΙArtΙBerlin – die tollen neuen Bekanntschaften sind super-inspirierend, motivierend und bereichernd. Auch Vegi-Kochkurse wie im Veganz bringen sicher viel.
Kocht mit Freunden zusammen vegan, seid neugierig und probiert alles aus! Jeder Einkauf, etwa im Bioladen, wird ja am Anfang zum kleinen Abenteuer. Lest schöne vegane Blogs (wie diesen hier!) – man entdeckt so ständig tolle neue Vegi-Goodies.
Welche veganen Gerichte kochst Du regelmäßig? Kochst Du mit Kochbüchern oder eher „freestyle“?
Uhm, ich bin leider nicht so das Küchenwunder bzw. auch etwas faul. Ich liebe meine Kochbücher von “La Veganista” von Nicole Just und “Vegan for Fun” von Attila Hildmann, allein koche ich aber ehrlich gesagt nicht sooo viel. Ich mache mir oft leckere Vegi-Burger (mit den Bio-„Buletten“ von Aldi), Ofengemüse (Suchtgefahr!), Gemüsepasta und Salate mit Tofu oder esse Sandwiches mit Wilmersburger-Käse. Bei unseren Vegi-Kochsessions (siehe Frage 6) koche ich dann aber auch leckere Gerichte mit – naja, ich mache meist eher „niedere Arbeiten“ dabei, haha! Ich lasse mich extrem gern von meiner Schwester bekochen, die kann das noch viel besser als ich.
Was war Dein schönstes/seltsamstes/witzigstes Erlebnis in Bezug auf Deine vegane Ernährungs-/Lebensweise?
Eins der größten Benefits sind ganz sicher unsere einigermaßen regelmäßigen Koch-Sessions am Wochenende mit meiner Schwester und einer meiner besten Freundinnen. Das ist immer ein superschönes Erlebnis. Der nicht vegane Freund meiner Freundin isst dann übrigens auch immer gerne mit. 🙂
Was mich auch wahnsinnig beeindruckt hat, war, wie sehr (manche) Veggies sich für Tiere einsetzen: ich habe mal 3 Hunde aus einer spanischen Tötungsstation geholt, die einen Tag vor Weihnachten am Frankfurter Flughafen abgeholt werden mussten. Bei Schneetreiben hat Fé, die ich eher flüchtig vom MundΙArtΙDinner kannte, sich dann bereit erklärt, die Hunde mit mir und ihrem Auto abzuholen und ist die ganze Strecke von Berlin und zurück gefahren. Das fand ich soo toll! Xandra und ihre wundervolle Familie haben uns dann sogar spontan mit den 3 Stinkern über Nacht bei sich aufgenommen, uns vegan bekocht und nicht einmal gemeckert, dass die Hunde ihren Teppich ruiniert haben. Looove!
Und als bei meinem Job bei www.glam.de durch die steigende Zahl an Vegi-Artikeln durch meine Schwester und mich ein extra „vegan“-Schlagwort von der wunderbaren Chefin eingefügt wurde, haben wir uns auch extrem gefreut.
Ansonsten waren kleine Momente schön, etwa wo mein Vater vegane Rouladen probiert hat und meinte “oh, man braucht ja echt kein Fleisch zum Rotkohl“ oder eine kleine vegane Verkostung mit meiner Cousine bei mir, wo ich ihr alles aufgetischt habe, was ich als Neu-Vegi so entdeckt hatte. Und dass mein Hund Elvis Tofu auch so mag!
Ein bisschen lustig fand ich es, als mir ungewollt mal ziemlich das Gesicht entgleiste, als mir jemand ein Stück Schinkenpizza anbot, mit dem ich kurz zuvor darüber geredet hatte. Sah ungefähr so aus! 🙂
Wenn Du eine Person nach Wunsch vegan bekochen könntest, wer wäre diese Person (gewesen) und was würdest Du für sie kochen?
Meine Eltern! Sie lassen mich zwar machen, essen aber selbst Fleisch und wollen das nicht so gern ändern. Leider. Für Papa würde ich „Spießeressen“ mit Vegi-Rouladen, Rotkohl und Kartoffelbrei machen, für Mama vielleicht einen schönen Gemüseauflauf?
Oder Ilse Aigner, und ihr dabei Bilder aus ihren „Vorzeigeställen“ zeigen…grrr.
Du bist auf einer einsamen Insel gestrandet – welche 3 veganen Lebensmittel möchtest Du auf keinen Fall missen?
Wilmersburger Käse Classic (mein absoluter Lieblings“käse“!), die Reismilch von Rossmann und den Wheaty Pilzbraten.
Gibt es irgendetwas, was Dir noch auf dem Herzen liegt und was Du den Lesern des Blogs, egal ob vegan, vegetarisch oder Allesesser, mitteilen willst?
Siehe Frage 3: Es tut mir leid, wenn ich manchmal vielleicht „missionierend“ auf Leute, die Fleisch essen, gewirkt habe. Versucht, zu verstehen, warum Veganer bei diesem Thema so emotional sind, und habt den A…in der Hose, euch Bilder/Videos aus Schlachthöfen, von Tiertransporten etc. anzusehen! Dann dürftet ihr das alles besser verstehen.
Ich finde es vor diesem Hintergrund auch immer etwas schwierig, wenn superzahme „Streichelveganer“ gefordert werden, die „toootal tolerant“ sind und jedem, der null Einsicht zeigt und über das Töten von Tieren am besten noch blöde Witze macht, sagen sollen, wie „toootal ok und es doch seine Entscheidung“ sei. Klar macht sich das besser, mit den Horror-Tierbildern im Kopf fällt es aber schon schwer.
Vegetarier, die mit dem Gedanken spielen, vegan zu werden, kann ich nur ermutigen: Es ist wirklich nicht schwer (sogar Aldi hat heute Sojamilch) und verschafft einem einen ganz neues, besseres Lebensgefühl.
Alle Veggies: Ich bin froh, dass es Euch gibt und es immer mehr werden! Mein Lieblings VIP-Veganer ist übrigens Justin Timberlake und sein phantastischer Auftritt als ein Stück Tofu! 🙂
Vielen Dank für das Interview, liebe Sarah! 🙂
Ich schreibe darüber, wie man sich gesund und lecker vegan ernährt, sein Leben und seine Gesundheit grüner gestalten und was man tun kann, um glücklicher zu werden. Ich würde mich freuen, wenn ich Dich mit meinen Beiträgen inspirieren kann!
Es ist immer wieder schön zu lesen, wie andere Vegan wurden, was sie so bewegt und mit den selben Problemen zu kämpfen haben. Ich verstehe es auch noch immer nicht, warum WIR uns rechtfertigen müssen, wo SIE doch Tierleben auf dem Gewissen haben. Warum WIR tolerant sein sollen und verständnisvoll und nicht immer so nervig….